Abermillionen kleine Helfer in unserem Darm bekommen nach wie vor zu wenig Aufmerksamkeit von uns. Dabei haben sie sehr großen Einfluss auf unser Wohlbefinden. Warum uns vieles auf den Magen schlägt, wird dieser Artikel beleuchten.
Die unterschätzte Bedeutung der Mikrobiota
Hochauflösende Filmaufnahmen machen eins deutlich: Es besteht eine neuronale Verbindung zwischen Darm, zentralem Nervensystem und Gehirn (vgl. JEM 2013). D.h. Gehirn und Darm kommunizieren auf schnellem elektrischem Weg miteinander über die sogenannte Darm-Hirn-Achse. Das hat verschiedene Auswirkungen (JEM 2013):
- Die Stressreaktionen von Bakterien werden über das Zentrale Nervensystem potenziert und lösen Reizdarm aus.
- lokale, durch Bakterien hervorgerufene Entzündungsvorgänge lösen Immunreaktionen aus, die ihrerseits sich wieder in Gelenkentzündungen manifestieren (Rheuma).
- Verlust der Toleranz gegenüber der eigenen Darmflora schwächt die Darmbarriere und lässt Krankheitskeime aus dem Darm in den Körper eindringen (Leaky-Gut-Syndrom).
- Adipositas wird auf eine Reaktion des Immunsystems auf bestimmte bakterielle Entzündungen im Darm zurückgeführt.
Populärwissenschaftliche Literatur, die sich auf wissenschaftliche Artikel berufen (z.B. Almansour 2025) veranschlagen 70-80% der Immunzellen im Darm. Dabei stellt das GULT (Gut-associated lymphoid tissue) das größte immunologische Organ des menschlichen Körpers dar.
Unsere Bakterien im Darm übernehmen vielfältige Aufgaben. Im angeführten Akkordeon sollen die 9 in Almansour 2025 untersuchten Bakterienstämme kurz charakterisiert werden.
Lactobacillus plantarum
- produziert Entzündungshemmende Zytokine
- fördert die Reparatur der Darmbarriere und modulliert die Immunanwort. Senkt IL-6 und IL-17-Spiegel. Erhöht den IL-10-Spiegel
- dadurch reduziert L. plantarum Entzündungen und reguliert den Zytokinspiegel. Was zur Veränderung der Darmmikrobiota führt.
Akkermansia muciniphila
- produziert enztzündungshemmende Mediatoren
- stärkt dadurch die Darmbarriere
- reduziert Entzündungen
- balanciert Zytokinspiegel
Clostridium sporagenes
- produziert Indol-3-propionsäure (IPA), verzweigtkettige Fettsäuren (BCFAs) und kurzkettige Fettsäuren (SCFAs)
- fördert das Immungleichgewicht durch Reduzierung von Entzündungen
- unterdrückt T-Helfer-17-Zellen
- fördert Foxp3+-regulatorische n-T-Zellen
- schützt dadurch vor Kolitis
Bifidobacterium spp
- produziert Acetat und andere SCFAs
- Erhält die Integrität der Darmbarriere
- unterstützt das Wachstum nützlicher Mikroben
- moduliert Immunantworten
In Almansour et al 2025 werden noch weitere 5 Bakterienstämme charakterisiert, die in dieser wissenschaftlichen Aufarbeitung jedoch den Rahman sprengen würden.
Auf jeden Fall zeigen die kurzen Steckbriefe der 4 hier angeführten Darmbakterien, dass sie uns nützen können, wenn sie denn vorhanden sind.
Ebenfalls belegen zahlreiche Quellen, dass Bifidobakterien antibakterielle Eigenschaften besitzen. Bifidobakterien können das Wachstum verschiedener pathogener Bakterien hemmen, darunter Escherichia coli, Salmonella typhi, Streptococcus mutans, Propionibacterium acnes, Listeria monocytogenes und multiresistente Krankheitserreger wie MRSA. Diese antibakterielle Wirkung erfolgt oft durch Senkung des pH-Werts im Darm, Hemmung der Anhaftung pathogener Bakterien an Darmzellen und Produktion antimikrobieller Substanzen. Zudem können Bifidobakterien die Immunantwort modulieren und die Barrierefunktion des Darms stärken, was das Eindringen schädlicher Mikroorganismen erschwert (vgl. u.a. Lim & Shim 2020).
Darmgesundung durch Fermentation
Wie aber bekomme ich diese guten und gesunden kleinen Mitbewohner dort hin, wo sie hingehören?
Fermentierte Lebensmittel sind hier das Zaubermittel. Gerade die zwei wichtigsten Darmbakterien (Bifidos und Lactos) kommen in fermentiertem Gemüse (z.B. Kimchi, Sauerkraut, fermentierte Karotten) vor und können so unserem Darm zugeführt werden.
Bifidos findet man ebenso in Joghurt (natürlich am besten selbst gemacht). Hierfür gibt es im Einzelhandel Kulturen, die man käuflich erwerben kann.
Kurzum: Förderung unserer Gesundheit heißt unseren kleinen Freunden im Darm etwas gutes zu tun. Nicht um sonst erkannte der deutsche Philosoph Ludwig Feuerbach zurecht Mitte des 19. Jahrhunderts:
Du bist was du isst.
In diesem Sinne ...
Literatur
- Almansour et al (2025). Gut microbiota: a promising new target in immune tolerance.
Front. Immunol., 18 September 2025 Sec. Mucosal Immunity Volume 16 - 2025 | https://doi.org/10.3389/fimmu.2025.1607388
- JEM (2013). Totgesagte leben länger. Darmgesundheit, Mikrobiom, Prä- und Probiotika & Gesundheit. 15 (3). Arbeitsgemeinschaft klinische Ernährung. pp.16-17
- Lehmann, I (2025). MRI-Booklet Fermentierte Lebensmittel. Max Rubner Institut. Internet. https://www.mri.bund.de/de/veroeffentlichungen/verbrauchermedien/. Abruf 24.11.2025
- Lim HJ, Shin HS (2020). Antimicrobial and Immunomodulatory Effects of Bifidobacterium Strains: A Review. J Microbiol Biotechnol. 2020 Dec 28;30(12):1793-1800. doi: 10.4014/jmb.2007.07046. PMID: 33144551; PMCID: PMC9728261.
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